mut & wille


Gibt es eigentlich einen Grund, seine Wünsche nicht zu erfüllen? 

Ja, dafür gibt es wahrlich mehrere. Ich rede hier von Wünschen, die nicht gesetzlich strafbar sind. Allerdings rede ich schon von Wünschen, die für den ein oder anderen moralisch verwerflich wären.
Ein Grund, seine Wünsche nicht zu erfüllen, ist eine fehlende Motivation. Oft sind Menschen lediglich zu faul, Dinge in die Hand zu nehmen und sie umzusetzen. Lieber träumen wir unser Leben, anstatt dass wir die Ärmel hochkrempeln und für unsere Bedürfnisse einstehen. Es existiert kein „Feuer im Hintern“. Mag der Wunsch noch so groß sein, erleiden wir lieber die Sehnsucht und fühlen uns als Opfer derer. Oft bekommt man als Zuhörer dann ein „Ich Arme/r habe ja nie...“ oder „Schon immer wollte ich, aber....habe mich nicht getraut/es hat sich nicht ergeben etc.“ Erfüllung fällt leider den Wenigsten einfach in den Schoß, doch gezielt etwas dafür zu tun, davor schrecken viele wieder zurück. Fehlende Motivation ist nur ein Grund. Angst ist wohl die Hauptursache. Angst vor Veränderung, Angst vor dem Unbekannten. Menschen, gerade hier in Deutschland, haben ein hohes Sicherheitsbedürfnis. Dieses Bedürfnis gilt nach Maslow (Ersteller der Bedürfnisspyramide) zu den Grundbedürfnissen, das einem „Defizitbedürfnis“ entspricht. Der Wunsch, getragen und geborgen zu sein, wie wir es einst in Mutters Armen waren. Lernen wir nicht von der Wiege an, dass das Unbekannte keine Furcht auslösen braucht, sondern zu Selbstentfaltung führen kann, lernen wir es im Erwachsenenalter nur schwer. Natürlich gibt es auch hier wieder Gegenbeispiele. Oft werden Menschen, die behütet aufgewachsen sind, zu Ausreißern. Es kommt also auch auf die individuelle Persönlichkeit an, allerdings haben diese Kinder in behüteten Elternhäusern von klein auf Sicherheit erfahren. Meist auch im emotionalen Bereichen, sodass sie eine gefestigte Persönlichkeitsstruktur aufweisen und sich so eher trauen, einen Schritt in das Ungewohnte zu wagen. Menschen, die hingegen mit einer starken Unsicherheit groß wurden, neigen (eher) dazu, vor Neuem zurückzuschrecken. Dies hat die Kanadierin Mary Ainsworth genauer erforscht und ein neues Bindungsmodell aufgestellt, das besagt dass Menschen eben unterschiedlich mit Bindungen umgehen, was schon im frühkindlichen Alter beginnt. Dies genauer auszuführen, würde nun zu weit gehen. Manche Menschen freunden sich irgendwann mit der Unsicherheit an und genießen sie als etwas viel Realeres als Sicherheit. Hierzu eine kleine Anekdote:
Im Buddhismus spricht man davon, dass nichts auf der Welt ewig ist und alles sich dem Zahn der Zeit beugen darf. Der typische Vanitasgedanke aus der europäischen Renaissance also. Der Buddha aber hatte ein sehr starkes Sicherheitsbedürfnis und konnte sich mit der Welt des Wandels nur schwer anfreunden. Tod, Zerstörung, Verwandlung...all‘ das machte ihm Angst und mehr als zu schaffen. Im Laufe der Jahre fiel ihm immer mehr auf, dass wirklich nichts, aber auch gar nichts auf der Welt ewig währt. Nur der Tod, sei das einzig sichere, was wir Menschen vom Leben erwarten könnten. Doch der Buddha trotzte und fand schließlich die Vergänglichkeit hinter dem Tod. Denn auch der Tod sei nur eine Illusion, die vergeht. Das einzig Wahre, so Siddharta Gautama, finden wir in der Erleuchtung und in ihr die einzig wahre Sicherheit. In der Erkenntnis, dass wir das Universelle seien, das niemals vergehen kann.
Das gesellschaftliche Umfeld spielt natürlich auch eine Rolle, ob wir ausbrechen oder nicht. Oft hört man so etwas wie: „Das kannst Du doch nicht machen“ oder „das macht man nicht“. Immer wieder frage ich mich, wer dieses „man“ eigentlich ist. In der Umfrage gab es die Fragestellung, wie es denn um die Moral der Teilnehmer steht und ob sie sich von ihrem Umfeld bzw. der Gesellschaft eingeengt fühlen. Die meisten beantworteten die Frage damit, dass sie hohe moralische Vorstellungen hätten. Sind meine Teilnehmer boniert oder habe ich die Frage falsch gestellt? Demnach wäre erst zu erörtern, was Moral ist.
Ich denke, dass wir uns einig sind, dass wir uns bei Ethik, die Leid, Gewalt und Verbrechen nicht lange unterhalten brauchen, um herauszufinden, was moralisch nicht korrekt ist. Was hier strafbar ist, ist für die meisten Menschen hierzulande auch tabu. Strafbar nun auch wieder nur, was mit dem Leid eines anderen zu tun hat. Drogenkonsum ist auch strafbar, doch für viele nicht moralisch verwerflich. Im Gegenteil. Ein gelegentlicher Cannabiskonsum wird vielerorts toleriert und Alkoholkonsum verherrlicht.
Was ist nun also moralisch verwerflich? Gewalt an Anderen. OK, das ist leicht zu sehen. Aber die hunderte ungeschriebenen Gesetze, die dazu führen könnten einen anderen emotional zu verletzen, sind wohl das, was wir unter Anderem als solches titulieren. Meist hat das  wieder mit Sexualität, (Liebes-) Beziehungen oder Geldgier zu tun.
Wie weit würden Sie gehen, um ihre Wünsche zu verwirklichen? Und sind diese verwirklichungswürdig, wenn sie dafür über Leichen steigen müssen? Würden Sie Ihre Mutter für diese verkaufen?
Stellen Sie sich diese Fragen sehr ehrlich und schmettern Sie sie nicht sofort als irrelevant ab. Fragen Sie sich mal wirklich, was sie geben würden, um „Superheldenkräfte“, das perfekte Aussehen oder den Traumpartner zu haben. Und dann fragen Sie sich, was sie tatsächlich bereit sind dafür zu geben, um dann letztlich festzustellen, dass Sie dafür gar nichts geben brauchen. Sie können aber etwas dafür tun.

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